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/ buchgeschichte / antike und mittelalter

Die Geschichte des abendländischen Buches beginnt mit aus Papyrus bestehenden Rollen im pharaonischen Ägypten. Die ältesten heute noch vorhandenen Fragmente von Papyrusrollen stammen aus dem 4. Jh. v. Chr. Von Ägypten aus kamen die Buchrollen ins hellenistische Griechenland und fanden dort in den großen Philosophenschulen Verwendung. Ferner entstanden auch erste bedeutende Bibliotheken wie z. B. Alexandria oder Pergamon - und in Folge davon ein erster Buchmarkt.

 

 

 

Pergament ist eine bearbeitete Tierhaut. Je nach Region wurde diese unterschiedlich verarbeitet. Die feinste Qualität wurde aus Häuten neugeborener oder ungeborener Ziegen und Lämmer hergestellt, da diese keine Vernarbungen etc. aufweisen ("Jungfernpergament").
 

Die Vorzüge des Pergaments gegenüber dem Papyrus bestehen lt. Wikipedia in der glatteren Oberfläche, in der Festigkeit und Dauerhaftigkeit sowie auch in einer überwiegend hellen Farbe.

 

Ferner können Farbe und Tinte nicht tief in Pergament eindringen, so dass Texte leicht wieder abgeschabt und das Pergament neu verwendet werden kann. Dabei spricht man von einem Palimpsest (griech. palimpsestos „wieder abgekratzt“). Heute kann man abgekrazte Texte mit modernen technischen Methoden wieder sichtbar machen. Zahlreiche bedeutende Texte wie z.B. De re publica von Cicero sind ausschließlich als Palimpsest überliefert.

Seit dem 3. Jh. v. Chr. waren Buchrollen auch in Rom verbreitet, jedoch dauerte es noch bis ins 1. Jh. v. Chr. bis ein nennenswerter Buchmarkt (und damit eine weite Verbreitung) nachgewiesen werden kann.

 

Diese "gerollten Bücher" aus Papyrus blieben bis ins 2. Jh. n. Chr. die bestimmende Form. Daneben gab es jedoch bereits ebenso lange andere Formen wie z.B. diejenige des "Codex":

 

Dabei handelt es sich um meist gewachste Holztäfelchen von denen teilweise mehrere zusammengebunden wurden. Dies war bspw. in der Schule praktisch, um nach Übungen die Inhalte einfach wieder "glattstreichen" zu können. Als in der ausgehenden Antike Pergament als Schreibmaterial aufkam, heftete man dieses zwischen zwei Holzdeckel - und hatte ebenfalls einen "Codex". Diese Form verdrängte relativ schnell die Buchrolle, da sie einfacher in der Handhabung war.

 

Ein Möch kopiert einen Text


Quelle: Blades, William: Pentateuch of Printing with a Chapter on Judges (1891)

Da im Mittelalter Bücher fast ausschließlich in Klöstern produziert wurden, standen christliche Themen und Texte alleine im Vordergrund. Mönche liehen sich Bücher aus befreundeten Bibliotheken aus und schrieben diese in Skriptorien entweder für die eigene Bibliothek oder für (adelige) Auftraggeber ab; dadurch entstanden regelrechte "Stammbäume" für Bücher, die anhand von kleineren Fehlern, die Mönche machten und beim erneuten Abschreiben immer wieder übernommen wurden, gut nachvollzogen werden können. Erst im späten Mittelalter entstanden kommerzielle Ateliers für die Produktion von Büchern, die v.a. prachtvoll ausgemalte Exemplare für reiche Auftraggeber erstellten.

 

Seit dem 14. Jh. verdrängte Papier aufgrund seiner kostengünstigeren Herstellung Pergament als Schreibmaterial; Pergament blieb aber noch lange für besonders hochwertige Bücher im Einsatz.

Einbände gehörten im Mittelalter nicht zur Grundausstattung eines Buches: Bei Gebrauchshandschriften wurden aus Kostengründen meist mehrere Texte zusammengebunden - und am Ende für eine einheitliche Optik ringsum beschnitten, so dass teilweise Malerei oder Text dabei verlorengingen. Bei Prachthandschriften wiederum entwarfen Handwerker wie Goldschmiede spezielle Einbände, die je nach dem Geldbeutel des Auftraggebers auch mit Edelsteinen verziert sein konnten.  Um die Holzdeckel zu stabilisieren und optisch aufzuwerten, wurden häufig an die Innenseiten nicht mehr gebrauchte ältere Handschriften seitenweise eingeklebt - eine wahre Fundgrube für heutige Forscher.

Mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern durch Johannes Gutenberg ab 1450 sowie einer kostengünstigeren Herstellung von Papier fanden Bücher eine immer weitere Verbreitung - nicht zufällig entstanden auch andere große Leistungen von der Taschenuhr bis zur Entdeckung Amerikas in dieser Zeit. Das Mittelalter ging zu Ende.

Sammelhandschrift:

I) Gregor IX.: Compendium Decretalium

II) Liber de electione et electi potestate

III) De sententia excommunicationis

 

lat. Handschrift auf Pergament mit 248 Blättern
Südfrankreich, ca. 1220-1240, Oktav (170 x 120 mm)

 

Vollständige Sammelhandschrift mit einer unfasslich kompakten Kalligraphie. Während die "Decretalen" von Papst Gregor IX. ein bekanntes Traktat ist, stellen die anderen beiden Texte hochinteressante und unveröffentlichte Inhalte dar. Ein Höhepunkt ist eine Handzeichnung mit dem Verfahren der Papstwahl. Ferner wirft der letzte Teil ein interessantes Schlaglicht auf die Lage und das Selbstverständnis der Kirche in dieser Zeit. Der Text konnte inzwischen in zwei jüngen Fassungen in der Stadt- und Universitätsbibliothek zu Frankfurt sowie der Klosterbibliothek St. Gallen nachgewiesen werden. Eine wissenschaftliche Bearbeitung ist geplant.

 

Dokumentation:
Tenschert, Heribert: Leuchtendes Mittelalter II, Antiquariat Heribert Tenschert, 1990

Alexander von Hales, Ambrosius u.a.
Sermones

 

lat. Handschrift auf Jungfernpergament mit 287 Blättern
Norditalien, ca. 1350

Klein-Quart (186 x 139 mm)

 

Brauner Russischledereinband um 1800 mit reicher Blindprägung

 

Vollständige Sammlung von 87 "Sermones" (= Gesprächen), die in Form einer Enzyklopädie unterschiedliche Gedanken und Lehrmeinungen u.a. zu Sünde, Buße, Reue, Erlösung, Glauben etc. aller großen christlichen Denker von der Spätantike bis ins 14. Jahrhundert wie Augustinus, Ambrosius, Johannes Chrysostomos, Alexander von Hales, Anselm von Canterbury, Thomas von Aquin, Bonaventura u.a.; der chonologisch letzte ist Franciscus Mayronius, der 1325 starb. Eine wissenschaftliche Bearbeitung steht aus.

 

Dokumentation:
Tenschert, Heribert: Leuchtendes Mittelalter, Antiquariat Heribert Tenschert, 1989

"Incipit ordo ad communicandum infirmum"

 

lat. Handschrift auf Pergament mit 58 Blättern
Norditalien (Florenz), 1438

Oktav (196 x 138 mm)

 

Brauner Kalbledereinband der Zeit mit Filetenblindprägung und Messingbeschlägen

 

Liturgisches Manuskript, das seine Bedeutung durch die Nennung des Schreibers, des Auftraggebers sowie des Datums gewinnt. Zur damaligen Zeit wurden Bücher zur höheren Ehre Gottes geschrieben und daher war es verpönt, sich als Schreiber selbst zu nennen. Hier heisst es aber: "Ego Fr.(ater) S. de Cremona scripsi hoc opus ad instantiam Fratris Johanni(s) de Florentina, tunc vicarius R.p.m. Thusie in locis devotis, et pro loco Sancti Salvatoris, sub anno Domini MCCCCXXXVIII" Dies besagt, dass ein Bruder S. aus Cremona dieses Werk auf Veranlassung des Bruders Johannes von Florenz, damals Vikar an den heiligen Stätten in der Toscana, für (die Kirche) St.  Salvator im Jahr 1438 geschrieben hat.

 

Dokumentation:
Tenschert, Heribert: Illumination und Illustration, Antiquariat Heribert Tenschert, 1987

ausgewählte Literatur:

Jakobi-Mirwald, Christine: Das mittelalterliche Buch. Funktion und Ausstattung. Stuttgart (Reclam), 2004

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